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Unsere Leitsterne

Masse, Klasse, Solidarität: Die Leitsterne von Junge Linke

Politischer Leitrantrag beschlossen am 5. Bundeskongress am 6. Jänner 2023 in Linz

Beim Aufdrehen der Heizung läuft es einem aktuell kalt über den Rücken. Während die große Mehrheit sich nur mehr fragt, wie man mit demselben Einkommen die dreifachen Energiekosten zahlen soll, melden die dafür verantwortlichen Energiekonzerne Rekordgewinne. Wir leben in ständiger Sorge vor einem weiteren Brief mit der nächsten Energiekosten-Erhöhung und beim Blick auf die Supermarkt-Rechnung vergeht einem der Appetit.

Die aktuelle Teuerungskrise legt eine Lupe auf die großen gesellschaftlichen Widersprüche. Die Rekordprofite einer kleinen Minderheit bauen auf den Rekordverlusten der großen Masse der Bevölkerung. Die Energiekonzerne schwimmen im Geld, unser Kontostand wird wegen ihnen immer niedriger. Die Reichen sind reich, weil die Armen arm sind.

Krieg und Rekordinflation haben die Corona-Pandemie von der Tagesordnung abgelöst. Während global mehr als 2.000 Milliarden Euro für das befohlene Morden im Krieg ausgegeben werden, leiden immer noch jedes Jahr 800 Millionen Menschen an Hunger. Während wir uns das Leben nicht mehr leisten können, gibt die Bundesregierung in den nächsten Jahren mehr als 40 Milliarden Euro für die Aufrüstung aus. Die globale Ungleichheit ist in ihrem absurden Ausmaß schon gar nicht mehr begreifbar. 

Im Schatten davon verschärft sich die Klimakrise immer mehr. Sie ist kein Problem der Zukunft, sondern hat schon jetzt ganz konkrete Auswirkungen. Ob Flutkatastrophen mit tausenden Toten wie in Pakistan, oder österreichische Städte, die sich im Sommer immer mehr in eine unbewohnbare Hitze-Landschaft verwandeln. Die etablierten Politiker:innen bieten uns nicht mehr als bedeutungslose Reden und oberflächliche Maßnahmen. Am zerstörerischen Normalzustand wird gleichzeitig nichts verändert

Diese Gesellschaft hat für uns junge Menschen keine Perspektiven mehr zu bieten. 2022 haben die arbeitenden Menschen in Österreich den höchsten Reallohnverlust seit 1955 hinnehmen müssen. Während für unsere Eltern immer klar war, dass es ihnen einmal besser gehen wird als unseren Großeltern, stehen wir vor Unsicherheit, sinkenden Einkommen und konstanten Krisen. Das spüren wir und das führt gerade in unserer eigenen Generation zu VereinzelungIndividualisierung, Unsicherheit und Perspektivlosigkeit.

Ein Weg aus der Perspektivlosigkeit

Doch gerade das ist für uns als Junge Linke ein Anknüpfungspunkt. Wir wissen, dass diese Gesellschaft uns Möglichkeiten und Perspektiven verwehrt, weil ihr einziges Ziel der Profit und nicht der gesellschaftliche Fortschritt ist. Wir wollen gerade auch jetzt, in einer Situation großer Perspektivlosigkeit, eine fortschrittliche Kraft sein und jungen Menschen zeigen, dass es einen Weg raus aus dieser ungerechten und trostlosen Gesellschaft gibt. 

Wir wollen gemeinsam an einer Zukunft bauen, in der wieder Hoffnung und Zuversicht unter jungen Menschen aufblühen kann. In der es kein Arm und Reich mehr gibt. In der alle ihr volles Potential entfalten können, wir unsere Lebensgrundlage nicht mehr selbst zerstören und in der das Glück aller Menschen, egal welcher Herkunft, Hautfarbe oder welchen Geschlechts, das oberste gemeinsame Ziel der Gesellschaft ist. Wir wollen eine Gesellschaft aufbauen, die wir selbst gestalten und unser Schicksal selbst in die Hand nehmen. 

Das ist unsere Aufgabe als Junge Linke und daran arbeiten wir seit vier Jahren. Um uns dieser großen Aufgabe, unserer Generation einen Ausweg aus der Perspektivlosigkeit des kapitalistischen Systems zu zeigen, in Zukunft noch besser widmen zu können, wollen wir uns selbst drei Leitsterne für unser Handeln setzen. Sie sollen uns immer wieder ins Bewusstsein rufen, was in allen unterschiedlichen Bereichen und Aktivitäten unser Ziel ist und uns den Weg in eine bessere Zukunft leuchten. 

Diese drei Leitsterne sind Masse, Klasse, Solidarität.

Masse 

Um die Welt zu verändern, müssen wir viele sein. Das sind wir aktuell noch nicht. Masse als Leitstern bedeutet, eine Organisation der breiten Mehrheit der Gesellschaft zu sein und nicht nur den kleinen Teil abzuholen, der uns sowieso schon zu einem Großteil zustimmt. Es bedeutet, dass wir uns dessen bewusst sind, dass wir für die Veränderung der Gesellschaft noch zu wenige sind, um diese umzusetzen. Deshalb müssen wir aber nicht frustriert und zynisch aufgeben oder uns die Lage schönreden. Im Gegenteil: Masse als Leitstern bedeutet, dass wir noch mehr werden wollen und uns das als festes Ziel für unsere Arbeit setzen. 

Das hat Konsequenzen für die gesamte Arbeit in unserem Verband. Es bedeutet, dass wir unsere Kommunikation nach außen, unsere Aktivitäten, Strukturen, Veranstaltungen und unsere Organisationskultur darauf ausrichten, viel mehr und unterschiedliche Menschen zu erreichen und Teil unserer Bewegung zu sein. Masse als Leitstern bedeutet nicht, dass wir jetzt nur noch Veranstaltungen organisieren dürfen, zu denen tausende Menschen kommen. Es bedeutet, dass wir uns immer wieder fragen müssen, wie wir mit einer Vielfalt verschiedener Veranstaltungen möglichst viele unterschiedliche Leute erreichen können. Die kapitalistische Gesellschaft treibt uns auseinander, dem wollen wir bewusst entgegenwirken. Wir wollen Junge Linke zu einem Ort machen, an dem möglichst viele unterschiedliche Menschen zusammenkommen und gemeinsam am Aufbau einer gerechteren Gesellschaft arbeiten. 

Masse als Leitstern bedeutet, identitäre Abgrenzung von anderen und Scheuklappendenken, die es in der Linken leider allzu oft gibt, hinter uns zu lassen. Wir sehen, dass wir für die Umsetzung unserer Ziele viele andere Menschen brauchen, die uns kennen, aber gleichzeitig nicht bei uns aktiv sind. Masse bedeutet, die unterschiedlichsten Zugänge, Organisationen und Personen zu verbinden und in der Organisation ein Zuhause zu geben.

Klasse 

Klasse ist für uns ein Leitstern, weil es der zentrale Punkt ist, durch den wir die Gesellschaft verstehen. Wir sehen, dass diese Gesellschaft eine Klassengesellschaft ist. Eine Gesellschaft, in der der Reichtum der Wenigen auf der Ausbeutung der Vielen beruht. Eine Gesellschaft, in der die Mehrheit der Menschen durch ihre Arbeit den gesellschaftlichen Reichtum schafft, aber nicht daran teilhaben kann. Diese Ungerechtigkeit ist menschengemacht und damit auch überwindbar. Eine gänzlich andere Welt ist möglich und es sind arbeitende Menschen, die sowohl die Macht als auch das Interesse daran haben, die Ausbeutung durch das Kapital abzuschaffen. Trotzdem verstehen sich heute die wenigsten Menschen als Teil der Arbeiter:innenklasse. Vielmehr werden wir ständig gegeneinander ausgespielt. Uns wird eingeredet, dass wir uns durch immer mehr Leistung einen besseren Lohn “verdienen” sollen, statt für ein Ende des Lohnsystems zu kämpfen. 

Um dem entgegenzutreten, müssen wir in unserer Generation die Erfahrung schaffen, dass wir gemeinsam die Welt verändern können – im Großen wie im Kleinen. Klassenbewusstsein unter jungen Menschen zu stärken, heißt gemeinsam zu merken: Wir sind viel mehr als die da oben. Wir sind die, die die Gesellschaft am Laufen halten. Und es ist in unserem Interesse, diese Gesellschaft zu verändern und zu gestalten. Ob durch die Erfahrung der Solidarität beim Lernnetz oder die der gemeinsamen Stärke beim Durchsetzen einer gemeinsamen Forderung – unser Ziel ist es, Klassenbewusstsein zu stärken und deshalb auch als Junge Linke in der Klasse der arbeitenden Menschen verankert zu sein.

Klasse als Leitstern ist das, was uns von einer unpolitischen Massenorganisation unterscheidet. Mit Fußball oder Parties erreicht man auch Massen, die Gesellschaft verändert man dadurch aber noch nicht. Der Leitstern Klasse bedeutet für uns, dass wir auf die Welt mittels einer Analyse von ihr als Klassengesellschaft zugehen und immer auch dafür sorgen wollen, dass mehr Menschen diese Erkenntnis teilen. Mit unseren Aktivitäten wollen wir den Klassencharakter unserer Gesellschaft hervorheben und sicht- und spürbar machen. 

Solidarität

Solidarität verkündet man nicht, Solidarität lebt man. Mit Solidarität als Leitstern wollen wir uns darauf besinnen, nicht bloß groß darüber daherzureden, was alles anders werden muss. Wir wollen eine solidarische Gesellschaft, eine Gesellschaft, in der der Grundsatz gilt: Jedem nach seinen Fähigkeiten, jeder nach ihren Bedürfnissen – eine kommunistische Gesellschaft, in der unsere Arbeit, das gegenseitige etwas füreinander Tun, nicht mehr über Geld vermittelt ist und in der es keine Not mehr gibt. Wir wollen aber nicht auf diese solidarische Gesellschaft irgendwann in der Zukunft vertrösten, sondern schon im Hier und Jetzt Solidarität leben, auch in dem begrenzten Rahmen, den uns die kapitalistische Produktionsweise bietet. Mit unseren Aktivitäten wollen wir bis zu einem gewissen Grad schon aufzeigen, dass es auch anders geht. Dass wir nicht immer mit beiden Ellbogen in Konkurrenz zueinander stehen müssen, sondern dass wir viel mehr davon haben, wenn wir uns zusammentun. Mit Solidarität als Leitstern wollen wir die Erfahrung schaffen, dass wir gemeinsam stärker sind als allein. Die Erfahrung der Kollektivität soll das Bedürfnis nach einer anderen Welt entfachen und zugleich die individuelle Ohnmacht, die uns tagtäglich in Auseinandersetzung mit der Welt begegnet, in kollektive Wirkmächtigkeit verwandeln. 

Den Weg leuchten

Diese Leitsterne sollen uns den Weg leuchten. Sie sind keine Vorgaben, die man knallhart bei jeder Tätigkeit wie eine Checkliste abhaken muss – das ist auch nicht möglich. Eine riesige Party mit hunderten Leuten hat zwar Massen-Charakter, aber stärkt nicht automatisch das Klassenbewusstsein. Auch wenn der eine oder die andere freundschaftlich ein Bier ausgibt, gelebte Solidarität geht weiter als das. Sich bei jeder Veranstaltung einen Massen-, Klassen- und Solidaritäts-Charakter zusammen zu reimen, würde bedeuten, mit Nebelgranaten die Sicht auf unsere Leitsterne zu versperren – und sie damit sinnlos machen. Wir müssen in der Anwendung der Leitsterne immer auch ehrlich mit uns selbst sein und gleichzeitig sehen, wo wir schon am richtigen Weg sind. Die Leitsterne sollen uns eine klare Perspektive auf die Organisation, unsere Ziele und den Weg dorthin in die Hand geben.

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