- EM-Finale: Hinter den Kulissen des Profifußballs
Gestern fand das Finale der Fußball-Europameisterschaft der Männer in London statt. England ging bereits in der zweiten Spielminute in Führung, aber wie viele Spiele in dieser EM wurde das Spiel erst beim Elfmeterschießen entschieden, aus dem Italien als Sieger hervorging.
In den letzten Jahren konnte man durchaus den Eindruck bekommen, der Fußball gehe am Leben der meisten Menschen spurlos vorbei: Da inzwischen die meisten Wettbewerbe zum Bezahlfernsehen gewechselt sind, sind kaum mehr Spiele frei zugänglich. Einschaltquoten sind dadurch wenig überraschend eingebrochen. Viele Vereine gehören mittlerweile privaten Investor:innen, manche sind börsennotiert; Fans und Mitglieder haben hier in der Regel gar nichts mehr mitzureden. Anfang des Jahres versuchten schließlich einige der größten Klubs der Welt mit der sogenannten Super League einen geschlossenen Wettbewerb zu schaffen, bei dem sie nur noch unter sich sind.
Großveranstaltungen wie die EM wirken in diesem glatt polierten Fußball-Alltag oft ein bisschen wie aus einer anderen Zeit: Kader sind nicht per Algorithmus eingekauft und perfekt ausbalanciert, Spiele sind frei im Fernsehen zu sehen und viel häufiger als im Klubfußball schaffen kleinere Teams die Sensation, Titelfavoriten aus dem Wettbewerb zu schießen. All das ist sicher mit ein Grund, warum auch Menschen bei der EM mitfiebern, die sonst kein Interesse am Klubfußball haben. Das soll natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch die Wettbewerbe der Nationalmannschaften durch und durch kommerzialisiert sind – das Match gegen den kapitalistischen Profifußball haben alternative Ansätze der sozialistischen Bewegung schon lange vor Red Bull und Pay-TV verloren. Die Fußballbegeisterung um die EM erinnert uns aber daran, dass die Richtung, in die sich der Fußball entwickelt, an den Bedürfnissen der Menschen vorbeigeht.
- Mehr Kontrolle, mehr Strafen: Die Regierung im Krieg gegen Arbeitslose
Erst vor wenigen Monaten wurde Martin Kocher zum Arbeitsminister der türkis-grünen Regierung ernannt. Vermarktet wurde er als unabhängiger und objektiver Experte, der mit seinen fundierten Fachkenntnissen genau die richtigen Lösungen für alle Probleme auf dem Arbeitsmarkt parat habe. Schon damals war jedoch absehba , was jetzt überdeutlich wird: Die Probleme am Arbeitsmarkt, für die sich Kocher zuständig fühlt, sind jene der Unternehmen, die möglichst billige Arbeitskräfte ohne Rücksicht auf deren Bedürfnisse oder Lebensbedingungen suchen.
In der vergangenen Woche hat Kocher angekündigt, dass nun, nach durchgestandener Corona-Krise und steigender Nachfrage nach Arbeitskräften, das AMS wieder härter gegenüber Arbeitslosen durchgreifen soll. Das bedeutet die schon bisher brutalen Schikanen, zu denen das AMS berechtigt ist, nach einer angeblichen Lockerheit in Corona-Zeiten wieder mit besonderer Härte durchzusetzen – etwa indem das AMS für das Verpassen von (häufig völlig sinnlosen) Schulungsterminen oder das Ablehnen von Jobs, seien sie noch so mies, das Arbeitslosengeld teilweise oder ganz streicht.
Damit erhört Kocher die Unternehmen gerade in Tourismus und Gastronomie, die Dreckslöhne zahlen und häufig gegen den Arbeitnehmer:innenschutz verstoßen, weshalb viele ihrer ehemaligen Angestellten die Corona-Krise auch als Chance genutzt haben, aus diesem Bereich abzuspringen. Ihre schon vor der Corona-Krise beklagte Personalnot verschärft sich dadurch weiter – und soll nun durch staatliche Zwangsmaßnahmen gelindert werden. Das ist wohl nur der Auftakt zu einem verschärften Klassenkampf von oben in den nächsten Jahren.
- Das große Freibadsterben: ein gemeinschaftlicher Erholungsraum verschwindet
Die Sommer in Österreich sind in den letzten Jahrzehnten deutlich heißer geworden. Mehr als jemals zuvor braucht es daher Abkühlung in Österreichs Freibädern, sollte man meinen. Doch der Trend ist genau gegenläufig: immer mehr Freibäder schließen ihre Pforten – und das liegt nicht an Corona.
Tatsächlich geht es stattdessen um Geld. Die meisten Freibäder wurden in den 60er- und 70er-Jahren erbaut und sind nun dringend sanierungsbedürftig. Das ist aber teuer – und Freibäder werden nicht privatwirschaftlich betrieben, da die Einnahmen durch Eintrittskarten im Schnitt nur ca. ein Drittel der Kosten abdecken. Gemeinden legen also für jeden Euro Eintrittsgeld zwei Euro dazu. Das, gepaart mit den teuren Sanierungskosten, macht es für Gemeinden und Städte verlockend, zuzusperren statt zu sanieren.
Es geht aber bei weitem um mehr als nur einen lustigen Tag im Wasser der mit der obligatorischen Portion Pommes Frittes endet. Das Schließen der Freibäder hat deutlich tiefergehende Implikationen, als auf den ersten Blick vermutet werden könnte. Sie sorgen dafür, dass Kinder gut schwimmen lernen – sehr relevant, da österreichweit rund 160.000 Kinder nicht schwimmen können. Als ein Ort, der von allen quer durch alle Gesellschaftsschichten besucht wird, ist das Freibad außerdem eine ziemliche Rarität. Und für Familien, die sich einen Urlaub am Meer nicht leisten können, ist das Freibad ein finanziell viel zugänglicher Erholungs- und Abkühlungsort.
Andere für die öffentliche Hand teure Einrichtungen wie Theaterbühnen werden hingegen weiterfinanziert. Natürlich ist auch deren Erhalt wichtig und es gibt keinen Grund, ein Opernhaus gegen ein Freibad auszupielen. Doch es ist leider wenig überraschend, dass diese durch ihre Preise exklusiveren und hauptsächlich von der bürgerlichen Oberschicht besuchten Orte als etwas Selbstverständlicheres gehandhabt werden als die um Vieles gemeinschaftlicheren Freibäder.
Die Wiener Zeitung erklärt, warum es wichtig ist, Freibäder zu erhalten.