Am 08. Mai 2025 jährt sich die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht und damit die Befreiung vom Nationalsozialismus zum 80. Mal.
Die Befreiung geschah allerdings natürlich nicht schlagartig, sondern als ein längerer Prozess, welcher von Region zu Region stark variiert.
Befreiung
Bereits einige Wochen vor dem 8. Mai, am 29. März 1945 betrat die Rote Armee österreichisches Gebiet. Der Kampf um Wien Anfang April stellte einen zentralen Wendepunkt dar. Bereits vor der Übergabe der Hauptstadt hatte die Sowjetunion Karl Renner mit der Bildung einer Übergangsregierung beauftragt. Diese wurde zusammen mit der Zweiten Republik am 27. April ausgerufen. Während in Wien gefeiert wurde, Aufräumarbeiten begannen und es schon wieder freie Zeitungen und Radios gab, wurde in anderen Teilen Österreichs noch gekämpft. Am 28. April wurden sogar noch Menschen in den Gaskammern des Konzentrationslagers Mauthausen ermordet. Die Kämpfe zogen sich auch noch nach den Selbstmord Hitlers am 29. April weiter und erst am 08. Mai kapitulierte die gesamte Armee.
Der 8. Mai wurde lange nicht als Tag der Befreiung gefeiert. Stattdessen bezog man sich auf die Abfahrt des letzten alliierten Soldaten und die Unterzeichnung des Staatsvertrags am 26. Oktober. Ein staatlicher Feiertag ist der 8. Mai bis heute nicht.
Endphase
In der Endphase des Zweiten Weltkrieges herrschte vor allem Angst und Chaos. Die Kriegspropaganda nahm deutlich zu und in den sogenannten Endphaseverbrechen ermordeten NS-Funktionäre und fanatische Zivilisten noch tausende Personen. Gegen Deserteure, Widerstandskämpfer, fremde Soldaten und Kriegsgefangene richteten sich in den letzten Tagen des Krieges eine große Menge an Gewaltverbrechen. Denunziation und Lynchjustiz führten zu Massakern, an denen sich auch große Teile der Zivilbevölkerung beteiligten. Auf Todesmärschen, durch welche KZ-Häftlinge von einem Lager ins nächste getrieben werden sollten, starben viele Gefangene an Krankheiten oder Schwäche. Viele wurden auch getötet. Am 19. März erließ Hitler den sogenannten Nero-Befehl, welcher den Nazis anordnete, keine Infrastruktur zurückzulassen. Zahlreiche Städte wurden niedergebrannt. Auch Dokumente und damit Beweise auf Kriegsverbrechen wurden in Massen vernichtet. An der Ausartung von Gewalt und Lynchjustiz und der großen Beteiligung der Zivilbevölkerung kann die Macht der nationalsozialistischen Propaganda gesehen werden.
Widerstand
Doch auch der Widerstand verstärkte sich gegen Ende des Weltkrieges. Verschiedene Gruppierungen stellten sich durch Aktionen unterschiedlicher Art gegen die Autoritäten. So räumten sie beispielsweise Panzersperren weg, gaben Informationen an die Alliierten weiter oder versuchten Gegenkämpfe zu organisieren. Eine zentrale Rolle spielte auch der kommunistische Widerstand. Bereits seit dem Verbot der KPÖ im Austrofaschismus 1933 hatte die Partei ein Netzwerk im Untergrund und Exil aufgebaut. In Österreich agieren Widerstandskämpfer:innen in Städten und Industriezentren, aber auch in den Bergen, wie die Gruppe Willy-Fred im Salzkammergut. Oft waren es auch Frauen, die Flugblätter verteilten, Verfolgte versteckten und versorgten oder Informationen beschafften. Die Motive waren sicherlich vielfältig: von Hoffnung auf eine sozialistische Zukunft, den Wunsch nach Befreiung von Faschismus und Krieg bis hin zu schlichter Menschlichkeit.
Nach Kriegsende wurden Widerstandskämpfer:innen nicht gefeiert, sondern verblieben am Rande der Geschichte und litten oft unter den Auswirkungen antikommunistischer Propaganda. So fand beispielsweise die berühmte kommunistische Widerstandskämpferin und Architektin Margarete Schütte-Lihotzky in den Nachkriegsjahren keine Arbeitsaufträge von öffentlicher Hand.
Die Rote Armee
Diskussionen um die Befreiung durch die Rote Armee sind oft ambivalent. Einerseits steht sie für das Ende des Nationalsozialismus, andererseits kam es durchaus auch zu Übergriffen und Gewalt durch sowjetische Soldaten, die nicht verschwiegen werden dürfen. Aufgrund ihrer lückenhaften Dokumentation vermischen sich diese jedoch oft mit Legenden und politischer Instrumentalisierung. Viele sowjetische Soldaten waren persönlich von den Verbrechen der Nazis betroffen: die Nazis hatten viele Dörfer und Städte der Sowjetunion überfallen, niedergebrannt und dabei Millionen Menschen ermordet. Deutsche und Österreicher waren für sie nicht nur Besiegte, sondern auch Täter.
Das Feindbild der bösen Bolschewisten, aber auch gegen Schwarze US-Soldaten oder marokkanische Truppen der Franzosen wurde bereits vor Kriegsende von den Nationalsozialisten geschaffen. Es sollte Angst geschürt werden, um den Widerstandswillen der Bevölkerung gegenüber der roten Armee oder den Alliierten zu stärken. Während die Verbrechen der Wehrmacht nach dem Zweiten Weltkrieg systematisch in Vergessenheit gerieten, hielt sich vor allem das Feindbild des Russen noch bis in die Nachkriegszeit.
Überwindung und Überbleibsel des Faschismus
Kurz nach der Befreiung herrschte zunächst eine offene Aufbruchsstimmung - viele Parteien bemühten sich, ehemalige KZ-Häftlinge in ihren Reihen aufzunehmen. Doch diese Offenheit blieb nicht lange bestehen und schon bald überlag das pragmatische Vergessen - dabei ging es auch um die Wählerstimmen ehemaliger Nazis, die wieder wählen durften. Die ÖVP warb 1949 beispielsweise offen um diese Stimmen und versprach keinen “ewigen Hass”. Die tiefe Verankerung der NS-Ideologie in der Gesellschaft sowie das Ausbleiben einer Vergangenheitsaufarbeitung führten dazu, dass Nazis schnell in Führungspositionen in verschiedenen Bereichen zurückkehrten.
Diese Nachkriegskontinuitäten wirken bis heute nach. Wer den Faschismus überwinden will, muss auch seine Spuren in der demokratischen Nachkriegsgesellschaft benennen und bekämpfen.
Die Bedeutung des 8. Mai
Für uns als Linke ist der 8. Mai ein Anlass, an den antifaschistischen Widerstand zu erinnern, ihn zu danken und die Lehren der Geschichte wachzuhalten. Nicht mit leeren Phrasen, sondern mit aktiven Antifaschismus und dem Einsatz für eine solidarische Gesellschaft, in der das Gemeinsame zählt.
Der 8. Mai ist ein Tag des Gedenkens, aber auch ein Tag des Aufbruchs. Auch wenn es für Linke sonst wenig zu feiern gibt: Diesen Tag sollten wir feiern.
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